26.11.2021 - 16:40 Uhr
Franz Fischer
Nr. 7568
649

Klimaschützer empört über geplante Verkehrspolitik

Abbildung

(Berlin) - Klima und Umwelt gelten als zentrale Felder der neuen Ampel-Koalition. Sie soll die Weichen stellen, um Deutschland bis 2030 auf den 1,5°-Pfad beim Klimaschutz zu bringen, fordert Klima- und Umweltbewegung. Die Reaktionen auf den Koalitionsvertrag fielen erwartungsgemäß bei Wirtschafts- und Umweltverbänden sowie der Wissenschaft unterschiedlich aus. Viel Kritik gibt es vor allem an den Plänen zur Verkehrspolitik.


Professorin sieht Verkehrssektor als Sorgenkind
Für Claudia Kemfert, Professorin für Energiewirtschaft, Chefin des Energie- und Umweltbereichs am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW geht der Koalitionsvertrag beim Klimaschutz in die richtige Richtung, auch wenn es Verbesserungspotenzial gebe. Im Verkehrssektor vermisst sie den Abbau umweltschädlicher Subventionen, vor allem die Abschaffung des Dieselsteuer- und des Dienstwagenprivilegs sowie das Ende der Steuerbefreiung im Luftverkehr. Auf Autobahnen fehle ein Tempolimit.

Das geplante Wirtschafts- und Klimaministerium müsse noch ein Vetorecht bekommen, fordert Kemfert, so wie es die Grünen im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen forderten. Demnach wäre das Ministerium mit dem Recht ausgestattet worden, jedes neue Gesetz nach Gutdünken gegen den Mehrheitsbeschluss abzulehnen.

Ein Sorgenkind drohe der Verkehrssektor zu bleiben, meint die Professorin. Zwar sei es gut und richtig, dass 15 Millionen Pkw künftig elektrisch fahren sollen. Der Ausbau des Schienenverkehrs und des öffentlichen Verkehrs sei wichtiger.


BUND und Fridays for Future unzufrieden
Der Umweltverband BUND ist mit dem Ampel-Vertrag unzufrieden, sieht aber gegenüber allen Vorgängerregierungen einen Fortschritt. Dieser reiche aber nicht fürs 1,5°-Ziel. Ungenügend seien Maßnahmen im Verkehr, beim Gas und bei den Subventionen.

Scharfe Kritik kommt von Fridays for Future. Während die Welt auf fast drei Grad Erhitzung zusteuere, verfehle der Vertrag noch vor Amtsantritt die Versprechen der neuen Regierung zur Einhaltung der 1,5°-Grenze.


Klimaforscher fordert ambitionierte Ziele
Der Klimaforscher Moijb Latif lobt den vereinbarten Kohleausstieg und das 80-Prozent-Ökostrom-Ziel für 2030 als Fortschritt. Die Sektoren Gebäude und Verkehr müssten aber noch ambitionierte Ziele vorlegen, mahnt der Kieler Professor.


Verkehrsbereich schwer umstritten
Der Verkehrsteil des Koalitionsvertrages wird unterschiedlich bewertet. Das Bündnis „Allianz pro Schiene“ sieht ein ermutigendes Aufbruchssignal für eine Verkehrswende, da bei den Verkehrsinvestitionen der Grundsatz „Schiene vor Straße“ gelten solle.

Sehr kritisch äußert sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Es sei „unglaublich, dass die CSU-Autolobby-Politik nahtlos fortgesetzt werden soll“, findet DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Deutschland solle „das Land der Raser, immer größerer SUV-Stadtpanzer und vom Staat finanzierter Klimakiller-Dienstwagen“ bleiben. Nicht einmal die Diesel-Subventionierung werde beendet.

Der Kasseler Verkehrswissenschaftler Helmut Holzapfel befürchtet ein Ende der Hoffnungen für eine Mobilitätswende in Deutschland. Es sei entscheidend, wer die Verantwortung für die Gelder für die Bahn, den öffentlichen Verkehr und die Ladeinfrastruktur für E-Autos habe. Bei einem von der FDP geleiteten Verkehrsministerium, so Holzapfel, sei eine Fortsetzung der Auto-Orientierung sehr wahrscheinlich.

Die Ampel hinkt meint Joachim Wille, deutscher Journalist des Online-Magazins Klimareporter°. Zwar sei es zu begrüßen, dass bis 2030 rund 15 Millionen Autos rein elektrisch betrieben werden sollen. Ohne einen Abbau der Autoflotte von derzeit 48 Millionen und konsequente Verkehrsvermeidung werde das nicht gehen. Wille lobt die Grünen, die erreicht hätten, „dass die im Bundesverkehrswegeplan angelegte Asphaltorgie einer Überprüfung unterzogen wird“. Doch dass es dabei nicht zu radikal zugeht, dafür werde schon der künftige Verkehrsminister sorgen, der von der Freie-Fahrt-Partei FDP komme, kritisiert er.


  0 Kommentare

Kommentar schreiben

Abbildung
(Ravensburg) - Möglicherweise das Rotlicht an einer Ampel missachtet und dadurch einen Unfall verursacht hat ein 62-jähriger Seat-Fahrer am Montagmorgen kurz vor 11 Uhr. Der Mann wollte von der Abfahrt Ravensburg-Süd de...
Abbildung
(Meckenbeuren) - Leichte Verletzungen erlitt ein Radfahrer, als er am Freitagmorgen die B 30 in Meckenbeuren an einer Fußgängerampel überquerte. Die Polizei bittet um Hinweise zu dem vom Unfallort geflüchteten Pkw-Fahr...
Abbildung
(Berlin) - Drei Tage und rund 30 Stunden rangen die Parteispitzen der Ampel-Koalition um einen Kompromiss. Reichlich Kritik gibt es nun aus verschiedenen Richtungen. Die Vertreter der Bundesregierung verteidigen dagegen di...
Abbildung
(Reute) – Weil Meckenbeurer Radfahrer offenbar nicht in der Lage sind den Büfangweg in Reute sicher zu queren, gibt es dort nun eine neue Fahrradampel.Wenn die Bedarfsampel an der Kreuzung der B 30 mit dem Büfangweg Fa...
Abbildung
(Berlin) - Die Ampel-Koalition hat die Bedarfspläne des Bundes für Schiene, Straße und Wasserstraße auf Kostensteigerungen überprüfen lassen. Das wurde diese Woche anlässlich der Haushaltsverhandlungen im Deutschen ...
Abbildung
(Berlin) - Der Bundestagsabgeordnete Axel Müller kann sich dem Eindruck nicht verwehren, dass die Ampel-Koalition in Berlin an einer Streichung der Ortsumfahrungen an der B 30 für Enzisreute und Gaisbeuren arbeitet. Konk...