26.04.2024 - 22:47 Uhr
Franz Fischer
Nr. 8599
448

Bad Waldsee will weniger Windräder und Photovoltaik

(Bad Waldsee) - Der Gemeinderat der Stadt Bad Waldsee befasste sich in seiner jüngsten Sitzung am Montag mit dem Teilregionalplan Energie des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben. Noch bis zum 29. April können Kommunen dazu eine Stellungnahme abgeben.

Die Gemeinde sieht sich überfordert mit 583 Hektar Vorrangflächen für Windenergie und zusätzlich 96 Hektar für Freiflächen-Photovoltaik, die der aktuelle Entwurf des Teilregionalplans Energie vorsieht. Das entspreche 6,25 Prozent der Gemeindefläche, bei einem eigentlichen Flächenziel von 1,8 Prozent für Windenergie und 0,2 Prozent für Photovoltaik. Zudem wird das Gemeindegebiet durch diverse Gebiete in umliegenden Gemeinden belastet.

Die Große Kreisstadt Bad Waldsee vermisst insbesondere eine gerechte Verteilung der Gebiete im Regionalverbandsbereich, also den Landkreisen Ravensburg, Sigmaringen und dem Bodenseekreis. Bad Waldsee ist Moorheilbad und Kneippkurort. Als Gesundheitsstadt für die Bürgerinnen und Bürger, die Nutzer der Gesundheitseinrichtungen und der zahlreichen Touristen entstünden große Einschnitte in den Bereichen Natur und Mensch. Außerdem ballten sich die Gebiete an der Bundesstraße 30 und umfassten dabei teilweise den Straßenkörper, sodass ein Ausbau wesentlich erschwert wird oder nicht mehr möglich ist. Die Stadt bittet daher in ihrer Stellungnahme die Gebiete erheblich zu reduzieren.

Bürgermeisterin Monika Ludy übte harte Kritik am Teilregionalplan Energie. „Es gibt keine faire Verteilung der Flächenziele. Bad Waldsee wird übermäßig für die Flächenziele herangezogen“, so Ludy. Nicht zuletzt würden die Ortschaften Michelwinnaden und Haisterkirch zu stark beansprucht.

Bei der Windenergie sind vier Gebiete eingeplant. 85 Hektar im Osterholz an der Bundesstraße 30 können laut Stadtverwaltung beibehalten werden. Wegfallen müsste allerdings bei Photovoltaik die östliche Fläche „Michelberg“ (11 von 23 Hektar) und die gesamte Fläche „Mattenhaus“ (13 Hektar), die für einen möglichen B 30-Ausbau benötigt werden. Teilweise umfassen diese Flächen sogar den Straßenkörper der Bundesstraße. Der Ausbau dieser Landesentwicklungsachse Ulm-Friedrichshafen dürfe durch Freiflächen-Photovoltaikanlagen nicht blockiert werden. Entfallen soll auch das Gebiet „Bad Waldsee-Ost“ zwischen der Bahnlinie, Kreisstraße und B 30 am Parkplatz „Tannenbühl“ bei Bad Waldsee. Ebenso das 18 Hektar große Gebiet „Unterurbach“, ebenfalls an der B 30, beim Urbachviadukt, um eine Überlastung des Teilorts Unterurbach zu vermeiden.

Kritisiert wurde auch ein 87 Hektar großes Areal bei Urbach: „Das Gebiet würden wir komplett weglassen wollen“, betonte Ludy und begründete die Entscheidung damit, dass der Teilort einerseits überlastet werden könnte und andererseits in diesem Bereich bereits die Freiflächen-Photovoltaikanlage „Sankt Johannes“ entstehen soll.

Einen Kompromissvorschlag lieferte die Stadt bei den Flächen in Osterhofen. Laut Regionalverband sollen hier 376 Hektar eingeplant werden. Daran stört sich auch die Nachbargemeinde Eberhardzell. „Das ist uns zu groß, wir können uns aber circa 110 bis 188 Hektar vorstellen“, so Ludy. Die Ortschaft Haisterkirch soll zu diesem Vorschlag noch angehört werden.

Das Gebiet „Aulendorf-Ost“ umfasst weitere 214 Hektar, davon liegen 36 Hektar auf Waldseer Gemarkung. Der Waldseer Teil soll laut Stadtverwaltung komplett gestrichen werden, da die Fläche im Vorranggebiet für besondere Waldfunktionen liegt.

Eine sechs Hektar große Fläche in Roßberg soll wegen eines Hochwasserrückhaltebeckens ebenfalls nicht weiter im Plan stehen. Auch in Mennisweiler (16 Hektar) sollen keine Flächen für PV-Anlagen eingeplant werden.

Sollte der Regionalverband die Vorschläge akzeptieren, würden die in Bad Waldsee geforderten gesetzlichen Flächenanteile für Windkraft (196 Hektar) dennoch noch erreicht. Mit verbleibenden 48 Hektar für Photovoltaik liege der Anteil mit 0,4 Prozent dann immer noch über der gesetzlichen Vorgabe von 0,2 Prozent.

Oberbürgermeister Matthias Henne bezweifelte jedoch, dass der Regionalverband alle Vorschläge akzeptiert. Für die Grünen kritisierte Jörg Kirn die Stellungnahme der Stadt, dass er das strikte Einhalten der Prozentzahlen schwierig finde und Bad Waldsee aus Solidarität einen besonderen Anteil leisten müsse, um das Gesamtflächenziel zu erreichen. Wilhelm Heine (CDU) machte seinen generellen Unmut darüber Luft, dass Bad Waldsee ringsherum mit Windrädern umzingelt wird. Er wollte wissen, wie viel Energie mit den Anlagen tatsächlich gewonnen wird. Markus Leser (Grüne) sah es gänzlich anders. Vor Ort produzierte Energie sei nichts Schlechtes, es sei vielmehr ein bedeutender Standortfaktor der Zukunft: „Windräder sind eine Auszeichnung der Nachhaltigkeit. Und Windräder sind mir lieber als Hochspannungsleitungen“.

Dennoch folgte der Gemeinderat der Stellungnahme einstimmig, bei drei Enthaltungen der Grünen-Stadträte Lucia Vogel, Jörg Kirn und Andreas Schuler.


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