05.10.2025 - 23:33 Uhr
Franz Fischer
Nr. 9154
126

53. Schwarzbuch vorgestellt

Das Schwarzbuch 2025/26: Die öffentliche Verschwendung, gedruckte Ausgabe

(Berlin) - Der Präsident des Bundes der Steuerzahler Deutschland e.V., Reiner Holznagel, stellte am Dienstag in Berlin das 53. Schwarzbuch „Die öffentliche Verschwendung 2025/26“ vor. Das Werk deckt 100 neue Fälle fragwürdiger Ausgaben auf und widmet sich in einem Schwerpunktkapitel den oft übersehenen Investitionsfolgekosten. Im Verkehrsbereich werden unnötige Ausgaben, fragwürdige Projekte, lange Planungszeiten und übertriebene Umweltmaßnahmen kritisiert, die nicht nur zu Verzögerungen, sondern auch hohen Kosten führen.
 

Autoverkehr

So-da-Brücke bei Radeburg
(Radeburg / Sachsen) - Um die Anschlussstelle Radeburg an der A 13 rund 200 Meter zu verlegen, ließ das Landesamt für Straßenbau und Verkehr Sachsen eine Brücke für 900.000 Euro errichten. Die Landesdirektion verspricht sich von dem aufwendig geplanten Umbau im Zuge der S 177 eine verbesserte Verkehrsführung, die direkte Anbindung des Gewerbegebiets an die Autobahn und eine Entlastung der Innenstadt vom Durchgangsverkehr. Die Gesamtkosten sollen 9,8 Millionen Euro betragen. Bislang müssen Fahrzeuge aus dem Gewerbegebiet einen etwa ein Kilometer langen Umweg zur Autobahn fahren – außerhalb des bebauten Gebiets. Durch die Verlegung verlängert sich jedoch der Weg von und nach Radeburg um etwa dieselbe Strecke.

2024 stoppte das Land aufgrund einer neuen Steuerschätzung und notwendiger Einsparungen die Verlegung der S 177. Seitdem steht die Brücke ungenutzt in der Landschaft. Der Bund der Steuerzahler kritisiert, öffentliche Bauprojekte dürften nur begonnen werden, wenn sie sachlich gerechtfertigt und vollständig finanziert seien.

Halb leeres Parkhaus in Fulda
(Fulda / Hessen) - Pünktlich zur Landesgartenschau 2023 investierte die Stadt Fulda 4,9 Millionen Euro in ein neues Parkhaus – weniger als 100 Meter Luftlinie neben einem bestehenden. Nach Angaben der Stadt soll es vor allem die jahrelangen Parkplatzprobleme rund um das Freibad Rosenau lösen. Ursprünglich war ein eingeschossiges Parkhaus mit zwei Ebenen vorgesehen, später wurde es auf zwei Geschosse mit drei Ebenen erweitert. Seit der Fertigstellung ist das Parkhaus im Jahresdurchschnitt jedoch zu weniger als 50 Prozent ausgelastet.

Zwölf Jahre Planung im Landkreis Cloppenburg
(Landkreis Cloppenburg / Niedersachsen) - Seit zwölf Jahren plant der Landkreis Cloppenburg die Sanierung und Verbreiterung der Kreisstraße 300 zwischen Augustendorf und Neumarkhausen auf 5,8 Kilometern. Schon 2010 wurde die Dringlichkeit erkannt, doch der Baubeginn wird nun frühestens 2027 erwartet. Gründe sind zahlreiche Verzögerungen, Planänderungen und Untersuchungen. Die ursprünglich veranschlagten Kosten stiegen von 1,79 auf 9,5 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler fordert Reformen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren und regt an, bei Sanierungen und Ausbauten bestehender Straßen auf Planfeststellungsverfahren zu verzichten.

Kreisverkehr ohne Hotel in Ueckermünde
(Ueckermünde / Mecklenburg-Vorpommern) - Für einen geplanten Hotelkomplex baut die Stadt Ueckermünde mit Landesförderung einen Kreisverkehr für 1,3 Millionen Euro – obwohl das Hotel inzwischen nicht mehr realisiert wird. Ein Verkehrsgutachten von 2024 sieht keinen Handlungsbedarf, dennoch halten Stadt und Land am Projekt fest.

Geschlossener „Pocket Park“ in Stuttgart
(Stuttgart / Baden-Württemberg) - Im Sommer 2024 wurden in der Landeshauptstadt für 10.000 Euro Pflanzen auf das oberste Deck eines Parkhauses gebracht, um dort einen „Pocket Park“ zu schaffen. Nach nur drei Monaten wurde er für 5.000 Euro wieder abgebaut. Kein einziger Besucher hatte die grüne Oase gesehen – sie blieb aus Sicherheitsgründen geschlossen. Obwohl der Ältestenrat im Rathaus vorab informiert war, entschied die Mehrheit dennoch, das Projekt umzusetzen.

Kröten verzögern immer noch Neubau der B 6n
(Köthen/Hinsdorf / Sachsen-Anhalt) - Der Neubau der B 6n zwischen Köthen und der A 9 bei Hinsdorf verzögert sich weiter - sehr zum Ärger des Bundes der Steuerzahler. Grund sind nach wie vor seltene Krötenarten, die 2015/2016 entdeckt wurden und eine Neuplanung erforderlich machten. Die Kosten stiegen von 51,3 Millionen Euro (2013) auf 89,3 Millionen Euro (2021). Hauptursachen sind zusätzliche Artenschutzmaßnahmen wie 229 Kleintierdurchlässe und zeitbedingte Bauunterbrechungen. Durchschnittlich alle 65 Meter ist eine Amphibien-Leiteinrichtung vorgesehen, die je rund 15.000 Euro kostet. Weitere Kostentreiber sind allgemeine Baupreissteigerungen. Die Gesamtfreigabe ist nun für Mitte 2027 geplant. Der Bund der Steuerzahler kritisiert die Unverhältnismäßigkeit zwischen Artenschutz, Verzögerungen und Kostensteigerungen.

Schienenverkehr

Mehrkosten beim Fehmarnbelt-Projekt
(Fehmarn / Schleswig-Holstein) - Wegen langer Planungszeiten drohen Deutschland beim Fehmarnbelt-Projekt Mehrkosten von mindestens 62 Millionen Euro. Dänemark will die feste Querung bis 2032 fertigstellen. Deutschland ist laut Staatsvertrag verpflichtet, die Anbindung an das deutsche Autobahn- und elektrifizierte Schienennetz sicherzustellen. Doch der Fehmarnsundtunnel wird bis dahin nicht fertig. Um den Vertrag einzuhalten, soll die bestehende Fehmarnsundbrücke nun für 91 Millionen Euro saniert und verstärkt werden – als Übergangslösung. Die Brücke ist ohne Verstärkung von schweren Güterzügen nicht befahrbar. Eine einfache Sanierung ohne Verstärkung hätte nur rund 30 Millionen Euro gekostet. Der Bund der Steuerzahler kritisiert die späte Entscheidungsfindung und die hohen Mehrkosten durch langsame Planungsprozesse.

Bewachtes Stellwerk in Calw
(Calw / Baden-Württemberg) - Die Deutsche Bahn ließ ein einsturzgefährdetes, funktionsloses Stellwerk um das Jahr 1880, von Februar bis Mai 2025 rund um die Uhr bewachen - für 80.000 Euro, also etwa 1.000 Euro pro Tag. Schließlich wurde das Gebäude am 20. Mai 2025 mit einem Kran an einen sicheren Ort versetzt.

Kostensprung beim Bahnhof Wiesau
(Wiesau / Bayern) - Bei der Sanierung des alten Bahnhofsgebäudes in Wiesau stiegen die Kosten von ursprünglich rund acht auf 15,6 Millionen Euro. Ursache waren starke Baupreissteigerungen infolge der Corona- und Ukrainekrise, aufwendigere ÖPNV-Planungen und der Bau eines separaten Heizhauses.

Fledermausschutz verteuert Hermann-Hesse-Bahn
(Calw / Baden-Württemberg) - Die Hermann-Hesse-Bahn verzögert sich und wird erheblich teurer – auch wegen Fledermausschutzmaßnahmen. Statt 2018 soll der Betrieb nun Ende 2025 starten. Die Kosten steigen von 49 auf 207 Millionen Euro, davon entfallen 80 Millionen Euro auf den Artenschutz. Etwa 1.000 Fledermäuse leben in zwei Tunnelröhren, die für den Bahnbetrieb benötigt werden.

Radverkehr

Fehlplanung in Fuldabrück
(Fuldabrück / Hessen) - In Fuldabrück-Bergshausen behindert eine unglücklich platzierte Verkehrsinsel Radfahrer. Mit der Sanierung der Flughafenstraße wurde ein bergauf führender Radschutzstreifen angelegt, der durch eine bepflanzte Baum-Insel unterbrochen wird, wodurch Radfahrer bergauf anhalten und den Gegenverkehr abwarten müssen. Ein Rückbau sei zu teuer, so der Bürgermeister. Die Verkehrsinsel kostete 7.000 Euro. Eine befahrbare Lösung wäre sinnvoller gewesen, meint der Bund der Steuerzahler.

Teure Untersuchung am Stuttgarter Flughafentunnel
(Stuttgart / Baden-Württemberg) - Das Land Baden-Württemberg prüfte 2024 für über 260.000 Euro, wie der Flughafentunnel für Fußgänger und Radfahrer attraktiver gemacht werden kann. Nach Kritik an einer möglichen Teilsperrung für den Autoverkehr wird nun die östliche Umfahrung für Radfahrer verbessert - eine Lösung, die auch ohne hohe Planungskosten möglich gewesen wäre.

Teure Fahrradbarometer in Dresden
(Dresden / Sachsen) - Trotz wiederholter Kritik investierte die Stadt Dresden in zwei neue Fahrradbarometer in der St. Petersburger Straße. Die Geräte zeigen seit April 2024 Echtzeitdaten zum Radverkehr - für 45.000 Euro pro Stück. Laut Bund der Steuerzahler wäre dies mit vorhandenen Technologien deutlich günstiger möglich gewesen.

Fahrradboxen nur für Anwohner
(Berlin) - Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf errichtet 48 Fahrradboxen für insgesamt 691.000 Euro (14.396 Euro pro Stück). 75 Prozent der Kosten trägt der Bund. Die Boxen sind jedoch nur für Anwohner mietbar und stehen der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung. Für denselben Betrag hätten rund 2.000 öffentliche Fahrradbügel finanziert werden können.


Rückbau einer Fahrradstraße in Baden-Baden
(Baden-Baden / Baden-Württemberg) - Um den Radverkehr zu fördern, richtete die Stadt im Mai 2024 eine Fahrradstraße in der Maria-Viktoria-Straße ein. Kosten: 110.000 Euro. Nach elf Monaten wurde sie wieder zurückgebaut – für weitere 5.000 Euro. Die Fahrradstraße habe sich nicht bewährt, sie wurde kaum genutzt.

Doppelte Ampelanlage in Rheda-Wiedenbrück
(Rheda-Wiedenbrück / Nordrhein-Westfalen) - In der Pixeler Straße stehen zwei Ampeln im Abstand von nur 20 Metern, obwohl sie nicht dringend benötigt werden. Die Stadt wollte entlang einer alten Bahntrasse einen geförderten Radweg bauen. Als Voraussetzung verlangte die Bezirksregierung Detmold eine separate Querung des Radwegs mit Ampel, obwohl eine sichere Furt in 20 Metern Entfernung bereits vorhanden war. Eine Verlängerung der Furt wurde von Straßen.NRW abgelehnt. Der Bund der Steuerzahler schätzt die Kosten auf etwa 50.000 Euro zuzüglich jährlicher Betriebskosten.

Fehlmarkierung in der Elbchaussee
(Hamburg) - In der Elbchaussee wurde ein 1,6 Kilometer langer Radschutzstreifen markiert – ohne ausreichende Genehmigung. Kurz darauf musste die Markierung entfernt und durch Piktogramme ersetzt werden. Kosten: 90.000 Euro.

Zweifel am Fahrradparkhaus in Schwerin
(Schwerin / Mecklenburg-Vorpommern) - Die Landeshauptstadt plant in Bahnhofsnähe ein Fahrradparkhaus für 3,2 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler zweifelt an der Wirtschaftlichkeit und fordert eine Prüfung kostengünstiger Alternativen.

Öffentlicher Personennahverkehr

Geisterbus in Goslar
(Goslar / Niedersachsen) - Drei Jahre lang betrieb die Stadt Goslar eine kaum genutzte Buslinie: den „Welterbeshuttle“. Seit September 2021 verband sie Weltkulturerbestätten miteinander, fand aber kaum Fahrgäste. 2024 wurde der Betrieb eingestellt. In drei Jahren entstand ein Verlust von 577.000 Euro. Der Bund der Steuerzahler kritisiert, das Angebot sei weder bedarfsgerecht noch wirtschaftlich gewesen.


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