11.03.2023 - 19:10 Uhr
Franz Fischer
Nr. 8151
260

Gutachten erneut unseriös

(Berlin) - Den Grünen gefällt es offenbar die Deutschen an der Nase herumzuführen, um ihre Ziele zu erreichen. Zumindest könnte man dies anhand der erneuten Aufdeckung eines manipulativen Gutachtens annehmen. Aber nicht nur das Gutachten ist kritikwürdig, sondern auch die Präsentation der Bundesregierung, die wesentliche Fakten nicht nennt und Ängste schürt.

Mit einer alarmierenden Studie über die Gefahren der Erderwärmung schwörte Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) vor Kurzem die Deutschen auf noch mehr Klimaschutz ein. Das Medienecho fiel wie erhofft aus. „Doch bei näherem Hinsehen erweisen sich die Angaben als geradezu skandalös falsch“, wie die „Welt“ am Freitag berichtete.

Die Klimaprognose sei hochgradig unseriös. Die Kosten des Klimawandels würden anhand des Maximalmodells RCP8.5 hochgerechnet. Dieses extreme Zukunftsszenario als Grundlage mache die Studie unglaubwürdig. Auch die Annahmen für die Vergangenheit seien nicht nachvollziehbar.

Bei dem Szenario RCP8.5 beträgt der Anstieg der globalen Mitteltemperatur bis zum Jahr 2100 etwa 4,8 °C im Vergleich mit dem vorindustriellen Zeitalter. Nach diesem Szenario müsste die Weltbevölkerung auf 12 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2100 ansteigen und der Primärenergieverbrauch dreimal so hoch wie heute sein.

In der Studie werden tatsächlich die drei RCP-Szenarien benannt: RCP2.6, RCP4.5 und RCP8.5. Die exakte Auslegung der drei untersuchten Einzelszenarien bleibt trotzdem unklar. So heißt es beispielsweise: „Das mittlere Klimawandelszenario befindet sich von den Einstellungen her direkt zwischen der schwachen und starken Variante.“ Der Leser erfährt zumindest, dass 102 Klimawirkungen berücksichtigt wurden und das INFORGE/PANTA RHEI-Modell angewandt wurde, das auch das Umweltbundesamt verwende.

Die Erstellung des Gutachtens war darüber hinaus offenbar alles andere als einfach. Selbst die Studienautoren erläutern: „Es bleibt insbesondere die Erkenntnis, dass zur Abschätzung der volkswirtschaftlichen Folgekosten für die Fülle an möglichen Klimawirkungen in Deutschland noch viel Forschungsarbeit betrieben werden muss.“[1] So verwundert es nicht, dass die Autoren an mehreren Stellen immer wieder auf hohe Unsicherheiten, lückenhafte Daten und derzeit fehlende Grundlagen hinweisen. Dieser Umstand wurde jedoch nicht deutlich genug kommuniziert.
 
 
Maximalszenario als Untergrenze verkauft
Am vergangenen Montag berichtete u.a. die Tagesschau, dass Wissenschaftler mehrere Szenarien zu den finanziellen Folgen des Klimawandels in Deutschland berechnet haben. Durch Ernteausfälle oder Gebäudeschäden könnten demnach Kosten von bis zu 910 Milliarden Euro bis zur Mitte dieses Jahrhunderts entstehen. Zu diesem Ergebnis kam die Untersuchung, die die Bundesministerien für Umwelt sowie Wirtschaft und Klimaschutz vorgestellt hatten. Beide Ministerien sind in der Hand der Grünen.

Nach den Modellen würden sich die durchschnittlichen jährlichen Kosten durch Extremereignisse wie Hitze und Hochwasser der vergangenen 20 Jahre bis 2050 jährlich um das Anderthalb- bis Fünffache erhöhen. Für das Jahr 2050 würde das einen Verlust des Bruttoinlandsprodukts von 0,6 bis 1,8 Prozent bedeuten. Damit würde die Wirtschaft selbst im günstigsten Szenario schrumpfen, falls keine Vorkehrungen zur Anpassung an die Erderwärmung getroffen werden.[2]

Zudem wurde behauptet, dass die Summe noch höher ausfallen könne. Die Werte seien nach Darstellung der Autoren lediglich Untergrenzen, da sich nicht alle Folgen des Klimawandels in Kosten messen und im Modell darstellen ließen.

Tatsächlich benennen beide Ministerien in der gemeinsamen Pressemitteilung auch eine Untergrenze von 280 Milliarden Euro, schüren jedoch gezielt Ängste bei der jüngeren Generation: Milliardenschäden drohten zukünftigen Generationen, ebenso eine Beeinträchtigung des Wohlstands. Es sei mit zahlreichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Todesfälle durch Hitze und Überflutungen zu rechnen, ebenso würden Ökosysteme belastet, die Artenvielfalt ginge verloren und die Lebensqualität werde gemindert. Jeder in den Klimaschutz investierte Euro verringere die volkswirtschaftlichen Kosten, die durch Extremwetterereignisse entstehen können. Insbesondere Wälder und Moore seien zu schützen.[3]
 
 
Szenario RCP8.5 umstritten
Einige Wissenschaftler vermuten, dass die Wahrscheinlichkeit von RCP8.5 zukünftig immer weiter abnimmt und fordern, dieses Szenario in der öffentlichen Kommunikation eher als ein Worst-Case-Szenario anstatt als Business-as-usual zu kennzeichnen. Ihre Argumentation bezieht sich auf die nutzbaren Mengen an fossilen Brennstoffen, insbesondere Kohle, deren kumulativer Verbrauch bis zum Jahr 2100 in IPCC Worst-Case-Szenarien um ein Vielfaches höher angenommen wird als die förderbaren Reserven.

Von anderen Wissenschaftlern wird dagegen auf die Nützlichkeit des RCP8.5-Szenarios hingewiesen. Da die RCPs auf der Grundlage historischer Treibhausgas-Emissionen bis 2005 entwickelt wurden, konnte im Jahr 2020 eine erste Bilanz über die vergangenen 15 Jahre gezogen werden. Demnach wurde das RCP8.5 am besten durch die Messungen bestätigt und außerdem passe es bis in die Mitte des 21. Jahrhunderts weiterhin am besten zur derzeitigen und angekündigten Klimapolitik.[4]

Einig ist sich die Wissenschaft darin, dass das RCP8.5 ein Maximalszenario darstellt und nicht ein Minimum.


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