29.09.2022 - 20:45 Uhr
Franz Fischer
Nr. 7940
233

Professor fordert Straßenbaustopp

(Kassel) – Um das Klima zu retten muss die Bundesregierung schnellstens die Mittel für den Fernstraßenbau in den öffentlichen Verkehr umschichten, fordert der Stadtplaner, Verkehrsprofessor und Leiter des Zentrums für Mobilitätskultur in Kassel, Helmut Holzapfel. Ohne Radikalität blieben die Klimaziele Papier.

Hohe Kraftstoffpreise und Neun-Euro-Ticket ein Erfolg
Erfreut zeigte sich Holzapfel im Interview mit klimareporter° über die hohen Kraftstoffpreise. Die Verkehrsleistung sei gesunken. Das reiche aber noch nicht aus und sei noch keine nachhaltige Verkehrspolitik, wie sie dringend notwendig ist. Subventionen in fossile Energien wie den Tankrabatt brauche es nicht. Das Neun-Euro-Ticket habe bewiesen, dass die Menschen zum Umsteigen bereit sind. Die Diskussion um ein Nachfolge-Ticket bezeichnet der Professor als Skandal. Das Neun-Euro-Ticket sei erfolgreich gewesen.

Straßenbauwahn beenden
Die Ampel-Koalition muss „jetzt gleich umsteuern“, fordert Holzapfel. Dazu brauche Deutschland einen Stopp des Straßenbaus, eine Verkehrsverlagerung weg von Auto und Lkw und ein Tempolimit.

„Um bis 2035 ein Einbiegen auf den Weg zur Klimarettung zu ermöglichen, muss die deutsche Autoflotte um rund 20 Prozent kleiner sein als heute. Neue Straßen brauchen wir aber auch deswegen nicht, weil neue Autos mit Abstandsautomaten viel dichtere Fahrzeugfolgen ermöglichen werden“, so der 72-jährige.

Autobahnen zerstören die Erde
Stattdessen rollten die Bagger für Autobahnen. Jede neue Strecke fördere das Auto und erzeuge gewaltige ökologische Schäden, darunter die Versiegelung von Agrar- und Moorflächen. „Wer es ernst meint mit dem Klimaschutz, muss mit dem Autobahnbau so schnell wie möglich ganz aufhören. Die Politik stellt sich hier blind, auch die Grünen diskutieren es kaum. Im Ausland gibt es intensivere Debatten, in Wales etwa wurde der Straßenbau bis zu einer Prüfung der Klimawirkung gestoppt.“

Arbeitsplätze mit Straßenbaustopp schaffen
Holzapfel rät dem Bund die Mittel im Verkehr dramatisch umzuschichten, vom Straßenbau in Richtung Bus und Bahn. Deutschland dürfe nicht weiter Geld in Straßen stecken: Wenn der Straßenbau gestoppt werde, sei genug Geld für Bus und Bahn da. Unter dem Strich würden dabei mehr Arbeitsplätze entstehen.

Zentrum für Mobilitätskultur
Das Zentrum für Mobilitätskultur in Kassel will nach eigener Darstellung Pfade für spannende Überlegungen eröffnen, die bisher oft durch die Begrenzung der Fachdisziplinen verbaut sind. Das Zentrum besteht aus Fachleuten, die unabhängig voneinander oder gemeinsam in der Fortentwicklung von Bausteinen der Mobilitätskultur arbeiten.


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