03.03.2020 - 20:09 Uhr
Franz Fischer
Nr. 6939
718

Rechnungshof kritisiert Umsetzung der Verkehrswende

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(Luxemburg) - Nach Einschätzung des Europäischen Rechnungshofs haben etliche EU-Milliarden für eine Verkehrswende wenig bis nichts an Staus, Lärm und Luftverschmutzung geändert. Vielen Städten fehle eine Festlegung auf den Ausbau des Radwegenetzes, obwohl das billiger sei als der Straßenbau, wird kritisiert.

Die EU-Kommission hat für die Jahre 2014 bis 2020 rund 16,5 Milliarden Euro für die urbane Mobilität bereitgestellt, vor allem für U- und Straßenbahnen sowie Radwege und intelligente Verkehrssysteme. Das alles sollte zu einer Verkehrswende beitragen. Dennoch gibt es „keine eindeutigen Anzeichen“ dafür, dass diese Politik etwas bewirkt hat. Die Autonutzung sei hoch wie eh und je, stellt der Rechnungshof fest „und die Luftverschmutzung liegt in vielen Städten immer noch über den sicheren Grenzwerten“.

 

Kritik am ziellosen Fahrverbot
Zu Deutschland kritisiert die 66 Seiten umfassende Untersuchung, dass dort keine Pläne für nachhaltigen Stadtverkehr vorgeschrieben seien. In anderen Ländern hätten sich solche Pläne positiv ausgewirkt. Die Experten schauten sich die Situation in acht europäischen Städten genauer an, darunter Hamburg und Leipzig. Sie kritisieren das lokal sehr begrenzte Fahrverbot für ältere Dieselfahrzeuge in Hamburg: Es sei eingeführt worden, obwohl nicht klar war, was das bewirke. In Leipzig gebe es interessante Ansätze wie die Umwandlung von Auto-Parkplätze in Fahrrad-Stellplätze.

In den beiden deutschen Städten seien die Fahrpreise für Busse und Bahnen von 2012 bis 2018 um bis zu 40 Prozent gestiegen. Gleichzeitig seien die Benzinpreise gesunken. Wenn Kraftstoff billiger werde, stiegen tendenziell mehr Menschen ins Auto, meint der Rechnungshof.

Die Fachleute schauten sich auch Neapel und Palermo in Italien, Lodz und Warschau in Polen sowie Barcelona und Madrid in Spanien näher an. Außerdem zogen sie nach eigenen Angaben die Daten von 88 weiteren Städten heran, darunter Kopenhagen und Stockholm. Vielen untersuchten Städten fehle eine Festlegung auf den Ausbau des Radwegenetzes, obwohl das weniger koste, als der Straßenbau für Autos und sonstige Vorteile für den innerstädtischen Verkehr habe. Sie hätten häufig auch keine Ziele für den Fahrradverkehr angepeilt.

Der Rechnungshof hob in seinem Bericht einige Widersprüche zu einer nachhaltigen urbanen Mobilität hervor: So sei „in Polen und insbesondere in Warschau“ die Geldbuße für Autofahrer, die keine Parkgebühr bezahlen, niedriger als die Geldbuße für Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr, die ohne Ticket gefahren sind.

 

Vergleichbarkeit empfohlen
Der Rechnungshof empfiehlt der EU-Kommission, künftig vergleichbare Daten zur urbanen Mobilität zu erheben und mit deren Hilfe mögliche Fortschritte zu messen. Bisher werde beispielsweise mancherorts der Fußweg zur Bushaltestelle als Wegezeit eines Pendlers mitgezählt und anderswo nicht.

Zweitens sollte die Kommission finanzielle Hilfen künftig nur gewähren, wenn ein gefördertes Projekt an einen Plan für nachhaltige urbane Mobilität geknüpft sei. Außerdem müssten Betrieb und Instandhaltung der Vorhaben gewährleistet sein.


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