
https://www.b30oberschwaben.de/
18.05.2025 - 16:03 Uhr
Franz Fischer Nr. 9001
61
Franz Fischer
61
Straßenbau im Fokus: Verkehrsausschuss diskutierte über Brückensanierung und Bundesverkehrswegeplan
(Stuttgart) - Der Verkehrsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg diskutierte die Zukunft des Straßenbaus. Thematisiert wurden unter anderem die Drucksache 17/7446 - ein Antrag der FDP/DVP-Fraktion zu den Konsequenzen aus dem Brückeneinsturz in Dresden - sowie die Drucksache 17/7819 zur Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans 2030 in Baden-Württemberg.
Brückensanierung: Dringlichkeit und Milliardenbedarf
Ausgangspunkt der Debatte war die Stellungnahme des Verkehrsministeriums zur Drucksache 17/7446. Ein Vertreter der FDP bezifferte die zu erwartenden Gesamtkosten für Sanierung und Neubauten von Brücken auf rund 2 Milliarden Euro.
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) unterstrich die strategische Bedeutung von Brücken für die Straßeninfrastruktur: Diese seien die „Achillesferse“ des Netzes. Die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre seien entscheidend, um durch Neubauten und Sanierungen strukturelle Schwächen zu beheben. Der Minister verwies auf Effizienzpotenziale durch modulare Bauweisen und intelligente Ausschreibungen. So könne man dem Fachkräftemangel begegnen und gleichzeitig Kosten reduzieren.
Ein Vertreter der CDU-Fraktion sicherte die grundsätzliche finanzielle Unterstützung zu. Gleichzeitig warnte er jedoch vor Hindernissen bei der Umsetzung: Personalengpässe, aufwendige Planfeststellungsverfahren und gestalterische Wünsche von Anrainergemeinden erschwerten den Fortschritt.
Der Minister bestätigte, dass mehrere Brücken aufgrund ihrer Bauweise und des Alters durch sogenannte Spannungsrisskorrosion gefährdet seien – ein schleichender Prozess ohne erkennbare äußere Schäden, der jedoch zu gefährlichen Zuständen führen könne. Der Einsturz der Brücke in Dresden sei exemplarisch. Brücken mit vergleichbarer Konstruktion seien bekannt und müssten zügig ersetzt werden – eine Sanierung sei technisch nicht möglich. Eine Vertreterin des Ministeriums wies zudem auf Engpässe bei Gutachtern hin, die zu Verzögerungen führten.
Der Minister erklärte, dass genau geprüft werde, ob tatsächlich ein Ersatzneubau benötigt werde, zumal dieser zu Vollsperrungen und damit einem wesentlichen Eingriff in den Straßenverkehr führe. Es würden auch immer Alternativen geprüft, z. B. der Bau einer parallel verlaufenden, zeitweise zusätzlichen Brücke. Das Errichten einer ebensolchen sei allerdings häufig aufgrund ihres potenziellen Standorts mit einem Planfeststellungsverfahren verbunden und verteure die Instandhaltungsmaßnahme deutlich. Dies sei angesichts knapper Mittel nicht regelmäßig leistbar. Ersatzbrückenbauten könnten dagegen durch eine gesetzliche Änderung ohne Planfeststellungsverfahren unter Vollsperrung vorgenommen werden, was die Maßnahme erheblich beschleunige.
Bundesverkehrswegeplan: Umsetzung mit Hindernissen
Auch die Drucksache 17/7819, eingebracht durch die CDU-Fraktion, war Gegenstand der Ausschusssitzung. Dabei ging es um den aktuellen Stand der Umsetzung des Bedarfsplans Straße im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans 2030.
Der Antragsteller Thomas Dörflinger (CDU) begrüßte die inzwischen etablierte Umsetzungskonzeption des Ministeriums, die für Transparenz und Struktur sorge. Verkehrsminister Hermann hob hervor, dass das Land bemüht sei, die abgestimmten Zeitpläne einzuhalten. Jedoch seien die zur Verfügung stehenden Mittel für Planungskosten unzureichend, was die Realisierung vieler Projekte verzögere.
Für die Jahre 2025 und 2026 stellt Baden-Württemberg je 16 Millionen Euro bereit, während der Bund 46 bzw. 47 Millionen Euro zur Verfügung stellt. Die tatsächlichen Planungskosten lägen jedoch etwa beim Dreifachen dieser Summe. Diese Deckungslücke könne das Land nicht vollständig kompensieren. Eine Beteiligung des Bundes an mindestens der Hälfte der Planungskosten sei daher unerlässlich. Anderenfalls sehe er sich außer Stande Planungen wie geplant durchzuführen.
Darüber hinaus würden sich Planungsstarts einzelner Maßnahmen auch deshalb verzögern, weil zunächst andere Projekte abgeschlossen werden müssten. Die personellen und finanziellen Ressourcen der Regierungspräsidien seien insgesamt begrenzt.
Zum Jahresende sei ein Zwischenfazit geplant, um festzustellen, welche Maßnahmen umgesetzt werden könnten und welche in die nächste Periode verschoben werden müssten.
Planungsstand im Regierungsbezirk Tübingen
Im Regierungsbezirk Tübingen betreut das Regierungspräsidium derzeit nur noch sieben Projekte selbst. Ein Teil der Maßnahmen wird extern geplant, ist noch nicht oder nicht mehr in Bearbeitung. Die Planungen für die B 464 bei Reutlingen wurden eingestellt.
Planung durch das Regierungspräsidium Tübingen
- B 27 Dotternhausen – Balingen/Ortsumgehung Schömberg
In Planung seit 2024.
- B 27 Tübingen (Bläsibad) – B 28 (Schindhaubasistunnel)
In Planung seit 1988. Auslage der Planunterlagen sowie Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung.
- B 27 zweibahniger Ausbau Bodelshausen – Nehren
In Planung seit 1974. Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss durch BUND und NABU.
- B 30 neu Friedrichshafen – Ravensburg und B 467 Querspange Tettnang
In Planung seit 1979. Vorlage ergänzter Unterlagen zur Voruntersuchung.
- B 32 Ortsumgehung Ravensburg
In Planung seit 2019. Erarbeitung der erforderlichen Unterlagen für die Projektabstimmung mit Land und Bund.
- B 312 Verlegung bei Lichtenstein (Albaufstieg)
In Planung seit 2019. Abschluss der Verkehrsuntersuchung Teil II.
- B 463 Ortsumgehung Lautlingen
In Planung seit 1990. In der Planfeststellung. Aber Austausch zwischen Stadt Albstadt und Regierungspräsidium zum weiteren Vorgehen.
- B 464 Ortsumgehung Reutlingen
Planungsbeginn 2018. Die Planung wurde eingestellt.
Externe Planung
- B 30 Ortsumgehungen Enzisreute und Gaisbeuren
In Planung seit 2022. Planung übernommen durch einen Generalplaner.
- B 31 Friedrichshafen-Waggershausen – FN/B30 alt (2. Röhre)
In Planung seit 2021. Planung durch die DEGES.
- B 31 Meersburg/West – Immenstaad
In Planung seit 2015. Planung durch die DEGES.
- B 311/B 313 Mengen – Meßkirch
In Planung seit 2020. Planung durch den Landkreis Sigmaringen.
- B 312 Biberach-Ringschnait – Edenbachen
In Planung seit 2009. Planung durch den Landkreis Biberach.
Im Bau oder Bauvorbereitung
- -
Fertiggestellt
- B 28 Rottenburg–Tübingen (L 370 alt)
Freigabe 2022
- B 30 OU Ravensburg/Eschach–Baindt (Egelsee) BA VI
Freigabe 2019
- B 31 Immenstaad–Friedrichshafen/Waggershausen
Freigabe 2021
- B 31 Überlingen/West–Überlingen/Ost
Freigabe 2019
- B 311 Erbach – Dellmensingen (Querspange zur B 30)
Freigabe 2024
- B 311 OU Unlingen
Freigabe 2017
- B 312 OU Reutlingen (Scheibengipfeltunnel)
Freigabe 2017
- B 313 OU Grafenberg
Freigabe 2019
Weitere Maßnahmen im Regierungsbezirk befinden sich nicht in Planung und könnten – aktuellen Einschätzungen zufolge – auch künftig nicht mehr geplant werden.
Fazit
Der Verkehrsausschuss machte deutlich: Die Infrastruktur im Land steht vor enormen Herausforderungen. Brücken stellen ein sicherheitsrelevantes Nadelöhr dar, dessen Sanierung und Erneuerung mit erheblichem Planungsaufwand und finanziellen Belastungen verbunden ist. Sie sollen Vorrang haben. Gleichzeitig drohen Verzögerungen bei der Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans aufgrund unzureichender Planungsetats durch den Bund und begrenzten personellen Ressourcen. Ende des Jahres ist ein Zwischenfazit geplant, um festzustellen, welche Maßnahmen noch umgesetzt und welche nicht realisiert werden können.