27.05.2012 - 23:59 Uhr
Franz Fischer
Nr. 3640
1.410

Neuer Plan einer Pkw-Maut findet viele Kritiker

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(Berlin) - Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer (CSU) sieht große Chancen für die schnelle Einführung einer Pkw-Maut. Sie soll dem Bund Milliarden-Einnahmen bescheren. "Mein Konzept zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur liegt seit wenigen Wochen fertig in der Schublade. Das Papier umfasst auch eine Pkw-Maut", sagte Ramsauer der "Bild am Sonntag". Die Parteichefs von CDU, CSU und FDP könnten beim nächsten Spitzentreffen am 4. Juni im Kanzleramt darüber diskutieren.

Als Modell schlägt Ramsauer eine Vignette als Aufkleber vor. "Sie ist schnell umsetzbar, verursacht die geringsten Kosten und ist den meisten Deutschen aus den Nachbarländern bekannt". Eine elektronische, entfernungsabhängige und satellitengestützte Maut wäre deutlich teurer und brauche länger bis zur Einführung. Der Minister erklärte, dass er mit einer Zustimmung zu seinen Maut-Plänen bei beiden Koalitionspartnern rechne: "Inzwischen ist eine Mehrheit der CDU für die Pkw-Maut, weil der Bedarf erkannt worden ist. Und auch bei der FDP ist ein Schwenk in Richtung Maut erkennbar". Wichtig sei, dass die Einnahmen eins zu eins in moderne Straßen und mehr Lärmschutz fließen.

Doch aus der FDP kam eine Absage. Über eine Maut könne nur nachgedacht werden, wenn die CSU ihre Pläne für ein Betreuungsgeld aufgebe, sagte Generalsekretär Patrick Döring. "Der Staat braucht nicht mehr Geld, sondern wir müssen in der Politik die richtigen Prioritäten setzen".

Ramsauer macht sich für die Maut stark, weil viele Bauprojekte für Schienen und Straßen angesichts knapper Kassen auf Eis liegen. Unterstützung bekam der Minister von der Südwest CDU. "Unsere Straßen bleiben ebenso überlastet wie unterfinanziert", sagte Baden-Württembergs CDU-Chef Thomas Strobl. "Natürlich könnten wir weiter - bis zum St. Nimmerleinstag - an einer idealen Lösung wie einer satellitengestützten Maut basteln", so Strobl. "Die braucht deutlich länger bis zur Realisierung und dann bleiben unsere Straßen länger unterfinanziert", betonte der CDU-Politiker in Stuttgart.

Die rot-grüne Regierung in Rheinland-Pfalz lehnt die Pläne ab. "Die Maut bringt neue Belastungen für die Fernpendler und zusätzlichen Verwaltungsaufwand", sagte Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD). Einseitige Belastungen und "nicht durchdachte Schnellschüsse" lehne er ab. Ähnlich äußerte sich NRW-Verkehrsminister Harry Voigtsberger (SPD).

Auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zeigte sich skeptisch. "Es kann nicht darum gehen, schnell eine Maut einzuführen, nur um Geld in die Kasse zu bekommen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Stuttgart. Die Kommission der Verkehrsminister zur Infrastrukturfinanzierung werde den Vorschlag einer Vignette gründlich prüfen. "Entscheidend wird aber nicht nur sein, wie viel Geld durch so ein Modell hereinkommt, sondern ob auch ein Lenkungseffekt dadurch entsteht", so Hermann. "Wichtig ist, dass diejenigen, die die Straße mehr in Anspruch nehmen und die Umwelt stärker belasten, mehr zahlen".

Ablehnend äußerte sich auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann: "Die Vignettenlösung von Bundesverkehrsminister Ramsauer ist der untaugliche Versuch, den Staus hinterher zubauen. Das hat bisher schon nicht geklappt. Wir sollten vielmehr die Lösung einer satellitengestützten Maut anstreben. Damit bestehe auch ein Anreiz, die Autobahn weniger zu nutzen".

Der Auto Club Europa (ACE) und der ADAC sind ebenfalls gegen solche Maut-Pläne. ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner sagte in Stuttgart, stattdessen sollte die Lkw-Maut ausgeweitet werden. Die schwarz-gelbe Koalition habe die ursprünglich vorgesehene Anpassung der Lkw-Maut auf Druck der Transportwirtschaft gestoppt und verzichte so seit mehreren Jahren auf Millioneneinnahmen.

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